Der Weg der Eule

Der Weg der Eule

Eine Geburtstagskarte war keine Option. Es sollte etwas persönliches und kreatives sein.

Vor ein paar Wochen gab es ein neues Origami-Buch in der Onleih-Bücherei, welches ich mir auf mein Smartphone lud. Ja, letztendlich nicht sehr praktisch für dieses Thema, aber es reichte zur Inspiration. In jungen Jahren faltete ich gerne Origami Kraniche. Mein Geist suchte nun nach einem anderen Tier. Die Eule tauchte auf, ein altes und langjähriges Krafttier des Geburttagskindes. Gut, dachte ich, jetzt noch das passende Papier. Es fand sich dann auch ein sehr schönes Papier im Wasabi-Format. Nun fehlte noch eine Anleitung, die ich auf You-Tube suchte und unter den tausenden Origami-Videos fand. Eine einfache, schlichte Eule würde es sein.

Einfachheit. Nun lebt in mir schon ein kreativer Geist, nur leider ein gerade depressiv erkrankter. So, nun ist es raus…

Deshalb “Der Weg der Eule”. Als vielbegabter, sensibler Mensch mit Depression beschäftigt zu sein ist frustrierend, deprimierend. Denn so ein einfaches Eulen-Ding faltet sich doch eigentlich flott und unkompliziert, könnte man meinen. Aber dem ist nicht so. Dieses schöne Gebilde brauchte in der Vorbereitung gute zwei Wochen. Erst zum Wochenende vor dem Geburtstag gelang es mir das Video anzuschauen. Da eine Depression die Konzentration beeinträchtigt, können 8 Minuten praktisches Video sehr anstrengend werden. Beim vierten Schritt des Faltens vergas ich bereits den zweiten, beim siebten den sechsten. Wie gesagt, beim Anschauen. Der erste praktische Versuch landete in der Ecke, weil ich das Grundprinzip nicht verstand. Zwei Tage später erst traute ich mich wieder an das Video, dem Tag vor dem Geburtstag. Mein Tageswerk sollte es werden, die Origami Eule. Video an, nix ging. Daraufhin zwang ich mich das Video, ganze acht Minuten…, im Stück anzuschauen. Dann traute ich mir zu ein Origami Blatt aus einer Kopierpapier Seite zu schneiden und anzufangen nach Ableitung zu Falten. Puh, es gelang mir eine schräge weiße Eule. Dann der mutige Schritt. Ich suchte ein schönes Motiv aus der Origami-Papier-Schachtel, mit Blumenmuster, schaltete das Video wieder an, faltete hochkonzentriert. Das Ergebnis thront am Anfang des Artikels. Mir viel ein Stein vom Herzen, ein Gefühl der Zufriedenheit erfüllte mich für den restlichen Abend.

Soweit meine kleine Geschichte eines kreativen Prozesses, unter den Bedingungen einer psychischen Erkrankung, wie ihn vermutlich täglich zehntausende Menschen täglich erleben. Nur bezieht sich diese dann nicht unbedingt auf Origami-Eulen, sondern auf alltägliches wie Frühstückzubereitung, Einkaufen, ein Gespräch vorbereiten und führen, einen Tag gestalten, Arzttermine organisieren, Aufgaben aller Art. Jeder Tag, jede Aufgabe, jeder Wunsch nach Sinn und Ausdruck wird zu einer gefühlt schwer zu bewältigen Sache. Ja, Sache, weil dazu noch der emotionale Eindruck, die Verbindung zu sich selber und dem Geschehen massiv beeinträchtigt ist.

Warum “Der Weg der Eule” vielleicht Unterstützung bei diesem Dilemma biete, darüber schreibe ich später. Denn der erste Teil war mein Plan für diesen Vormittag. Dankesschön für Deine Aufmerksamkeit und Zeit.

Thorben gewidmet